Allgemeines zur Selbstanzeige – was ist zu beachten?
Hintergrund der Selbstanzeige ist die Erlangung der Straffreiheit. Eine wirksame Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 Abgabenordnung setzt positiv voraus, dass der Täter unrichtige Angaben berichtigt oder unvollständige Angaben ergänzt oder unterlassene Angaben wahrheitsgemäß nachholt und die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb einer ihm von der Finanzbehörde bestimmten Frist entrichtet.
Im Rahmen der Selbstanzeige stellen sich zahlreiche Fragen, die wir hier beantworten wollen. Besonders sind die typischen Fehlerquellen und Fallstricke der Selbstanzeige zu beachten.
Wann kommt eine Selbstanzeige in Frage?
Selbstanzeige wegen der Gefahr der Entdeckung!
Häufig entscheiden sich Steuerpflichtige Selbstanzeige vorzunehmen, wenn sie die Entdeckung der Tat fürchten, etwa weil eine Scheidung bevorsteht und der Ehegatte von der Hinterziehung weiß oder man sich von einem Mitarbeiter trennen will, der an der Steuerhinterziehung beteiligt war.
Nachfolgende Indizien sprechen für eine Selbstanzeige wegen der Gefahr der Entdeckung:
– rechtliche Auseinandersetzungen mit Geschäftspartnern, mit denen Schwarzgeschäfte getätigt wurden,
– die Betriebsprüfung wurde angeordnet,
– Betriebsprüfungen bei Lieferanten und Geschäftspartner (wegen drohenden Kontrollmitteilungen),
– Trennungen von informierten Mitarbeitern,
– das Erscheinen der Steuerfahndung bei Geschäftspartnern,
– die Aufdeckung nicht erklärter Einkünfte bei Scheidungsverfahren,
– bisher nicht erklärte Einkünfte auf ausländischen Bankkonten
– usw.
Verschärfung der Selbstanzeige!
Bei der Selbstanzeige ist außerdem zu beachten, dass keine der in § 371 Abs. 2 Abgabenordnung genannten Ausschlussgründe vorliegen:
Straffreiheit tritt nach § 371 Abs. 2 Abgabenordnung nicht ein, wenn vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
– dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder
– dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
– ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.
Der Gesetzgeber hat die Regelungen der Selbstanzeige verschärft. Das Gesetz ist am 1.1.15 in Kraft getreten und sieht nachfolgende Änderungen vor:
Absenkung der Grenze, bei welcher eine Steuerhinterziehung (ohne Zuzahlung eines zusätzlichen Geldbetrages) bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, von Euro 50.000 auf Euro 25.000.
Bei darüber liegenden Beträgen ist die gleichzeitige Zahlung eines Zuschlags erforderlich. Der Zuschlag ist von dem Hinterziehungsbetrag abhängig und beträgt:
über Euro 25.000: 10 Prozent Zuschlag
über Euro 100.000: 15 Prozent Zuschlag
über Euro 1 Million: 20 Prozent Zuschlag.
Die bisherige Regelung sieht einen Zuschlag von 5 % ab einem Hinterziehungsbetrag von Euro 50.000 vor. Der Zeitraum der Selbstanzeige wird auf 10 Jahre verlängert. Der Steuerpflichtige muss also für die vergangenen 10 Jahre „reinen Tisch“ machen und die hinterzogenen Steuern für diese Jahre nachzahlen, um strafrechtliche Verfolgung zu vermeiden.
Hinzu kommt ausserdem, dass neben der Zahlung des hinterzogenen Betrags auch die Zahlung der Hinterziehungszinsen in Höhe von 6 % sofort erfolgen muss.
Selbstanzeige selbst oder durch den eigenen Steuerberater vornehmen?
Es stellt sich die Frage, ob der Betroffene selbst die Selbstanzeige vornehmen sollte? Prinzipiell kann der Betroffene die Selbstanzeige selbst vornehmen. Allerdings empfehle ich dies nicht, da die Selbstanzeige zahlreiche „Fallstricke“ beinhaltet. In der Praxis wurde ich häufig beauftragt, „missglückte“ Selbstanzeigen zu „reparieren“. Dies hat mir gezeigt, dass die Selbstanzeige von den Betroffenen oftmals falsch vorgenommen wurde. Der Bonus der Straffreiheit wurde dabei leichtfertig verspielt.
Im Rahmen unserer Beratungspraxis hat sich ebenfalls gezeigt, dass die notwendige Nachforschungstätigkeit seitens der Finanzämtern sich dann in Grenzen hält, wenn eine handwerklich professionell gemachte Selbstanzeige erfolgt ist. Diese Auffassung wird auch in der Literatur (vergleiche Heuel, StBW 2014 Seite 790) so gesehen. Aus diesen Gründen sollte eine Selbstanzeige von einem kompetenten Experten vorgenommen werden.
Ich empfehle außerdem, dass die Selbstanzeige nicht von dem eigenen Steuerberater erstellt wird, da er ja (unwissentlich) falsche oder unvollständige Steuererklärungen erstellt hat.
Voraussetzungen der Selbstanzeige?
Durch die Selbstanzeige muss die Finanzverwaltung in die Lage versetzt werden, ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und hieraus einen geänderten nunmehr zutreffenden Steuerbescheid zu erlassen. Der Steuerpflichtige sollte daher die Angaben seiner Selbstanzeige so genau wie möglich abfassen. Es ist nicht ausreichend, wenn er nur die Quelle seiner Einkünfte nicht aber deren Umfang angibt. Fehlerhafte Angaben müssen nach Art und Umfang richtig gestellt werden. Unbedingt erforderlich sind Zahlenangaben. Die Selbstanzeige muss auch vollständig sein. Nicht erforderlich ist eine formelle Steuererklärung, da in einer Steuererklärung neben Tatsachenangaben auch Rechtsfragen eine Rolle spielen, die für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige unerheblich sind (vgl. OLG Frankfurt Urteil vom 18. Oktober 1961, NJW 1962, Seite 974).
Nicht ausreichend ist die Beantragung einer Außenprüfung oder eine Absichtserklärung gegenüber dem Finanzamt. Es reicht ebenfalls nicht aus, wenn stillschweigend die Nachzahlung der verkürzten Steuer erfolgt. Wesentlich ist, dass der Steuerpflichtige durch eine eigene Tätigkeit einen Beitrag zur Ermöglichung einer richtigen nachträglichen Steuerfestsetzung geleistet hat (BGH Urteil vom 13. November 1952, NJW 1953, Seite 475).